1955 ging ich als Jungmann an Bord. Das Schiff kam von See her
unbeladen aus dichtem Nebel heraus in die Holtenauer Schleuse wie ein haushoher gigantischer Schatten. Es war mit Backbord-
und Steuerbordmaschine und zwei zugehörigen Antriebsschrauben ausgerüstet. Über die niedergelassene Staatstreppe
stieg ich, den Seesack geschultert, aufwärts an Deck. Kapitän war F. Petersen aus Flensburg, ein kleiner, drahtiger
und, wie es sich bald zeigte, angenehm anweisungsdeutlicher Mann. Wollte er über das Schanzkleid der Brückennock
hinunter an Deck oder rundum in die vorausliegende Welt schauen, so nutzte er dafür einen stets bereitstehenden
Schemel. Erster Offizier war A. Weichlein, ein Akkordeonspieler wie ich, aber musikalisch versierter als ich. Als Zweiter Offizier
fuhr Melles, als Dritter Hermann Berg (später Lotse). Chefingenieur (Chief) war Dolata, die weiteren Ingenieure hießen
Behrends, Johannsen, Maasland und Röhring.
An Deck arbeiteten Bootsmann Emil Hansen, Matrosen Fritz
Ralle, Günther Sjöström, Uwe Tagge, Heinrich Kock, Franz Naefe (dann Ludwig Lohmann), Leichtmatrosen
Rolf Rönnau, Horst Fuhlendorf, Jungleute Erich Andersen, Peter Guth, und zwei Schiffsjungen, deren Namen ich nicht
mehr erinnere. In der Maschine werkten Ernst Cohr, Charly Matthäi, Julius Gerdsen, ... Brettschneider, ... Sparberg,
... Masau und weitere. Wir waren wohl 45 Mann an Bord. Als Pumpmann fungierte Herbert Guth. Herbert Guth rauchte seine Pfeife
im tiefen Pumpenraum, obwohl das streng verboten war. Er sagte: „Das Öl ist so dick, da explodiert nix“. Niederviskoses
Öl zu transportieren war mit diesem Schiff nicht mehr zulässig. Der Tanker war alt und zwischen den zahlreichen Tanks
von allerlei Mikrolecks befallen. Hydraulikrohrleitungen unter den Laufbrücken vorne und achtern mit dem
Spezialhammer zu entrosten war streng verboten.
Wir machten „lange Reisen“, hatten lange
Seetörns um den halben Globus. Fritz Ralle, Julius Gerdsen und ich (rechtes Foto von links nach rechts) kamen von
unserer Heimatinsel Sylt, Fritz aus Tinnum (später Westerland), Julius aus Munkmarsch, ich aus Westerland. Chefsteward
war Julius Penns aus Brunsbüttel, Steward war Eduard Neustadt, Schiffskoch Alois Berger, Bäcker Hermann Wulff aus
Wilhelmshaven. Elektriker war ... Kleinwächter, der Funkoffizier hieß E. Kessler.
Schiffsdaten:
TMS ELISABETH ENTZ
DJOJ 20.9./Dezember 1928 Eriksbergs MV AB, Göteborg (225) 9627/5668 27273/16057 14410 144,63-19,57-11,43-11,28 m 2 Mot. HD
4Te 6x630/1300 4500 (124) 2 Schrauben Werft „Dalfonn“ S.S. Bergesen, Stavanger (No.). 1929 Skibs AS Dalfonn (wie vorher).
1935 (S. Bergesen). Im II. Weltkrieg unter alliierter Kontrolle. 1949 „Mostun“ Neptune Shpg. Co. AS (A.S. Gladstad),
Farsund. 6.6.1950 Übern. in Hamburg „Elisabeth Entz“ Thomas Entz Tanker GmbH., Rendsburg (Ge.). 16.9.1960 an
Hirao zum Abbruch.
Tropenmonate, Eiswochen, Langtörns Odessa-Buenos Aires,
Konstanza-Örnsköldsvik, Las Piedras-Oslo usw., Orkanstürme, Ruderrad-Ruderblatt-Hydrauliksteuerung,
drei Tage Maschinenreparatur in Gibraltar, Äquatortaufe ... Meeresgott Neptun naht mit seiner brüstestarken
Meeresgöttin Thetis, die lüstern der Begegnung mit zahlreichen jungen, nordisch-exotischen, seemännisch-knackigen, ihr noch
unbekannten Nordhalbkugel-Äquatortäuflingen unverkennbar entgegenfiebert.